HI-VISITRhapsody

MBL 101 X-Treme: eine omnidirektionale Erfahrung

Während die Pandemie unsere Gesellschaft weiterhin fest im Griff hat, bietet HIFI.NL Händlern und ihren Vertriebspartnern ein wenig Abhilfe mit den Hi-Visits, einem Konzept das Audio-Companies auch in Zeiten, in denen der physische Besuch von Geschäften ein wenig schwierig ist, im Blickfeld audiophiler Enthusiasten hält. Für die neueste Ausgabe begeben wir uns nach Hilversum, wo der beliebteste High-End-Händler der Niederlande die Vorstellungskraft der Musikliebhaber ein weiteres Mal auf die Probe stellen wird. | voor Nederlands, klik hier

Diesmal hatten wir den teuflischen Plan, die MBL 101 X-Treme Omnidirectional-Lautsprecher zu demonstrieren und eine Reportage über deren Aufbau zu schreiben. Zudem hatten wir die Gelegenheit einige Worte mit dem Entwickler des Systems, Jürgen Reis, zu wechseln. Bei unserem zweiten Besuch gewannen wir einen ersten Höreindruck, den wir ein paar Wochen später nach einigen zusätzlichen Tuning-Maßnahmen noch vertiefen konnten. Anhand des folgenden Textes und der Photos können Sie die Einrichtung des Systems nachvollziehen.

Radialstrahler

Omnidirektionale Lautsprecher beschäftigen die Gemüter seit vielen Jahrzehnten. Es gab und gibt unterschiedlichste Bauformen, darunter sogar elektrostatische Vertreter wie die Muraudio PX-1, die oberhalb 450 Hz, mit Hilfe von dynamischen Basslautsprechern aber auch unterhalb dieser Freuquenz, omnidirektional abstrahlt. Darüber hinaus wären Modelle von German Physiks, Duevel, dem niederländischen Hersteller Temporal Coherence und vielen anderen zu erwähnen.

In der Diskussion geht es um die Richtwirkung beziehungsweise das Abstrahlverhalten eines Lautsprechers. Die grundlegende Frage ist sehr einfach und kann kurz auf den Punkt gebracht werden: In welcher Weise beeinflusst das Abstrahlverhalten eines Lautsprechers die subjektiv empfundene Hörerfahrung? Oder noch einfacher formuliert: Welche Abstrahlcharakteristik kommt der natürlichen Wiedergabe der Musik (der Realität) am nächsten?

Umfangreiche Forschungen

Es überrascht nicht, dass es eine riesige Menge an Forschungsliteratur zu diesem Thema gibt. Verschiedene Wissenschaftler und Lautsprecherkonstrukteure vertreten dabei unterschiedlichste Meinungen. Floyd Toole hat Artikel und Bücher zu dem Thema geschrieben und auf der Webseite der AES ist eine Vielzahl theoretischer Abhandlungen verfügbar. Omnidirektionale überlegungen führten auf dem Markt zu unterschiedlichsten Lösungen, angefangen von JBL (beispielsweise in Form des M2 Master Reference Monitors) über Kii Audio Three und BeoLab 90 (mit einstellbarem Abstrahlverhalten) bis hin zu den Bose Modellen aus vergangenen Zeiten mit ihrer Direct Reflecting Technologie. Wer eine räumliche Wiedergabe erleben möchte wird wahrscheinlich mit der phänomenalen Bose 901 schon relativ zufrieden sein, die allerdings mit der besten verfügbaren Elektronik kombiniert werden sollte. Doch auch wenn viele für sich in Anspruch nehmen die ideale Lösung gefunden zu haben, exitiert der heilige Gral bis heute bedauerlicherweise nicht. Vor einiger Zeit wurde auf der 126. AES Convention eine Studie mit dem Titel “Effects of loudspeaker directivity on perceived sound quality” veröffentlicht, die das zum damaligen Zeitpunkt verfügbare Wissen zusammenfasst und zu dem Schluss kommt, dass es noch viel zu wenige auf Hörerfahrungen beruhende Testergebnisse mit Systemen unterschiedlicher Abstrahlcharakteristiken gibt.

Verschiedene Faktoren

Der Autor dieser Zeilen ist überzeugt, dass mehrere Faktoren für eine natürliche und realistische Klangwiedergabe maßgeblich sind, darunter auch das Abstrahlverhalten. Bei diesem Hi Visit geht es um ein omnidirektionales Lautsprechersystem. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit ein solches die ultimativ natürliche und realistische Wiedergabe tatsächlich noch weiter steigern kann. Fehlen den aktuell verfügbaren omnidirektionalen Systemen nicht andere Tugenden, die für eine realistische Darstellung ebenso wichtig sind?

Hierzu sind die Ansichten des Linkwitz Lab interessant, das die Meinung vertritt, die zweikanalige Stereowiedergabe sei lediglich dafür gedacht im Gehirn eine Illusion der Realität zu erzeugen. Da die Signale, die aus den Lautsprechern kommend Ihr Ohr erreichen, dem natürlichen Klang oder der natürlichen Form des Hörens ebensowenig entsprechen wie das Mikrofonsignal, kann keine echte Realität entstehen. Dennoch kann diese Illusion einer Realität große Freude und Begeisterung beim Musikhören auslösen. Die Ansichten des Linkwitz Lab relativieren natürlich alle Anstrengungen, die für die realistische Darstellung eines problematischen Signals unternommen werden. Daher gibt es bisher nur wenige Systeme, die extrem nah an eine naturgetreue Hörerfahrung kommen. Grundsätzlich hat fast jedes Audiosystem einige Eigenschaften, die wir als lebensecht wahrnehmen, aber Sie werden kaum all diese Tugenden gemeinsam in einem einzigen Setup bekommen. Für Ihren Rezensenten ist daher das einzig ausschlaggebende Kriterium, wie nah ein System in seiner Gesamtheit an eine realistische und natürliche Musikwiedergabe heranreicht. Dies ist eine professionelle und sehr strenge Sichtweise. Jüngst jedoch brachte mir ein Händler einen interessanten Ansatz nahe, der natürlich ebenso zutreffend ist. Er meinte, wenn der Kunde mit der Klangqualität glücklich und zufrieden wäre sei alles Okay. Natürlich klingende HiFi-Systeme zu erstellen und wertzuschätzen ist ein kontinuierlicher Lernprozess. Sollte Sie der MBL 101 X-Treme Omnidirectional-Lautsprecher also glücklich machen, so können Sie sich an Rhapsody wenden, wo auch eine Transaktion unter Einhaltung der aktuellen Hygieneregeln möglich ist.

Aspekte der omnidirektionalen Abstrahlung

Die Idee hinter einem omnidirektionalen Lautsprecher besagt, dass Musikinstrumente und Stimmen den Schall in alle Richtungen – also grundsätzlich kugelförmig - abstrahlen. Für ein realitätsnahes Ergebnis sollte sich ein Lautsprecher daher ebenso verhalten. In der Praxis strahlen auch herkömmliche Lautsprecher in alle Richtungen ab, allerdings gilt das üblicherweise nur für tiefe Frequenzen. Sie breiten sich sphärisch aus und erzeugen dadurch eine Vielzahl akustischer Probleme. Im Gegensatz dazu werden mittlere und hohe Frequenzen gerichtet abgestrahlt, was theoretisch nicht der Realität entspricht. Sie erzeugen auch akustische Probleme, aber diese sind von anderer Art. Die Idee einer vollumfänglich kugelförmigen Abstrahlung ist daher nicht ganz falsch. Dennoch bleibt eine Reihe von Fragen offen. Musikinstrumente haben zwar eine kugelförmige Abstrahlung, ihr Klangbild variiert jedoch an verschiedenen Punkten der imaginären Kugel. Eine Gitarre klingt unterschiedlich, je nachdem ob Sie Ihr Ohr eher am Schallloch, am fünften Bund, etwas weiter oben oder seitlich platzieren. Bei einem omnidirektionalen Lautsprecher dagegen ist die Abstrahlung über 360 Grad vollständig gleich.

Ein weiteres Problem betrifft die Akustik. Praktisch jede Aufnahme enthält auch Rauminformationen des Aufnahmeortes. Wird sie in einem Wohnzimmer abgespielt, so vermischen sich diese mit der Akustik des Abhörraumes. Wahrscheinlich hören Sie in diesem Moment also eine verdoppelte Rauminformation und es wäre besser, von vorne herein mit einer komplett trockenen Aufnahme zu arbeiten. Theoretisch trifft dies bis zu einem gewissen Grad auch auf einen gerichtet abstrahlenden Lautsprecher zu. Allerdings hat Jürgen ein wichtiges Gegenargument, das zeigt, dass diese Denkweise ebenfalls nicht ganz der Wahrheit entspricht. Durch die Verwendung mehrerer omnidirektionaler

Schallquellen wird der rundum abgestrahlte Schall mehr und mehr diffus und weniger direkt – eine Erfahrung, die der Autor dieser Zeilen mit vielen omnidirektionalen Lautsprechern machen konnte. Ganz als ob Sie einer Darbietung aus der dreissigsten Reihe des berühmten Amsterdamer Concertgebouw lauschen würden – auf jeden Fall eine schöne Vorstellung.

MBL 101 X-Treme

Dieser omnidirektionale Lautsprecher von MBL setzt sich aus vier Türmen zusammen. Zwei von ihnen sind Subwoofer-Arrays, und jedes davon besteht aus drei Elementen mit jeweils zwei 12-Zoll- Treibern. Die mittlere Einheit ist aktiv und kontrolliert die beiden anderen Module. Die Türme für Bässe, Mitten und Höhen haben je zwei Hoch- Mittel und Tieftontreiber. Zusätzlicher ist ein kleiner Superhochtöner auf der Oberseite montiert. Grundsätzlich basiert die Konstruktion auf einer D`Appolito-Anordnung mit sechs sogenannten “Radialstrahlern” pro Seite. Sie sehen aus wie ein Rugby-Ball und sind wie dieser aus vertikalen Segmenten zusammengesetzt, die beim Tieftöner aus einer Aluminium-Magnesium-Legierung bestehen. Die Segmente sind an ihrer Oberseite fest aufgehängt und werden an der Unterseite von einer Schwingspule angetrieben. Die “Strahler” für den Tief- und Mitteltonbereich haben jeweils 12 Segmente, beim Mitteltöner gefertigt aus einer Kohlefaserlegierung . Der Hochtöner besitzt 24 Segmente aus Kohlefaser. Während die Subbass- Einheiten von eingebauten Class A/B-Endstufen angetrieben werden benötigen die Türme für den Bass-Mittel- und Hochtonbereich jeweils zwei Monoblöcke.

Jeder der vier Türme ist über zwei Meter hoch und das gesamte System setzt sich aus 10 Einzelteilen zusammen, die in Flightcases und Kisten geliefert werden. Die komplette Anlage wiegt zirka 1.000 Kilogramm. Die einzelnen Bestandteile können bis zu 250 Kilogramm auf die Waage bringen, und insbesondere die D‘Appolito-Hälften der Bass- Mittel-Hochtontürme sind wirklich schwer. Es wird daher nicht funktionieren, das System mit Hilfe Ihres Lieblingsnachbarn aufzustellen. Sie brauchen tatsächlich fünf Kerle aus dem Fitnessstudio. Der Killer sind die Topteile der Subwoofer und die oberen Radialstrahler, denn diese müssen einigermaßen hoch gehoben werden. Für alle, die es doch alleine durchziehen wollen: Man kann Hubarbeitsbühnen, Gabelstapler oder Deckenlifte mieten.

Schlichte Größe

Der Autor dieses Artikels hat das System bereits häufig auf internationalen Messen gesehen und gehört. Auf die ein oder andere Art macht es dort einen physisch überwältigenden Eindruck. Dennoch sieht es im Vorführraum von Rhapsody, der sich nicht wesentlich von einem durchschnittlichen Wohnzimmer unterscheidet, fast schon schlicht aus. Doch auch wenn sich die MBL 101 X-Treme bereits in einen Raum von fünf bis sechs Metern Breite gut integrieren, könnte man darüber diskutieren ob solch ein großes System in einem Raum von etwas mehr Volumen nicht besser spielen würde. Es ist aber durchaus auch vorstellbar, dass sich jemand mit einem Luxusapartment im 10. Stock an den Kanälen von Amsterdam solch ein MBL System installiert. Es gibt wieder einen Trend in der Gesellschaft, der besagt dass es weder für Sechs- oder Zwölfzylinder noch für richtig große Lautsprecher eine Alternative gibt. Die Augen von echten Petrolheads und Audiophilen, für die Geld keine Rolle spielt, beginnen wieder zu leuchten. Harry und der Unterzeichner sind sich einig, dass letztendlich nichts über große Systeme geht.

Fragen an Jürgen Reis

Wie entwickeln Sie Lautsprecher?
'Ich gehe immer vom Geschmack und den Hörgewohnheiten der Kunden aus und behalte dabei im Blick, wie Musik aufgenommen und gemastert wird. Ausserdem spielt eine Rolle, welche Art von Menschen Musik hören. Diese Parameter ändern sich allmählich im Laufe der Zeit. Würde ich heute die gleichen Lautsprecher wie vor zehn Jahren oder in zehn Jahren entwickeln, so sähen diese anders aus. Wenn ich Kunden besuche, ihre Systeme höre und mit ihnen darüber spreche bekomme ich ein Gefühl dafür, wie sich der Geschmack im Laufe der Zeit langsam fortentwickelt. Daher habe ich bei allen Produkten, seien es Verstärker, Wandler oder Lautsprecher, ein Klangbild im Kopf. Zusätzlich arbeite ich auch mit Geräten der Konkurrenz. Wenn ich beginne einen Lautsprecher zu entwickeln starte ich mit seiner Größe und seinem Preisbereich. Der Rest ergibt sich aus den “Geschmacksinformationen”, die ich im Laufe der Jahre gesammelt habe. Darüber hinaus weiß ich viel darüber, wie sich bestimmte Frequenzweichen und Bauteile klanglich verhalten. Dann mache ich einfach immer weiter, denn der erste Prototyp bringt nie das gewünschte Klangbild.'

Welche äderungen im Geschmack bemerken Sie?
'Das von der BBC gesendete Klangspektrum zeigt gut, wie sich der Geschmack verändert, also beispielsweise welche Frequenzbereiche betont werden. In neuen Produkten wird diese veränderte Frequenzverteilung dann berücksichtigt. Dies betrifft das Spektrum zwischen 80 Hz und 8 kHz, denn hier befinden sich die musikalisch relevantesten Informationen. Was im Bass- und Höhenbereich passiert ist weniger spannend. '

An welche Märkte wendet sich MBL heute?
'Wir haben bereits seit Dreißig Jahren drei Produktlinien, die sich an unterschiedliche Zielgruppen richten. Man kann nicht sagen, dass eine Produktlinie besser sei als eine andere. Sie sind an verschiedene Typen von Kunden adressiert. Daher ist eine Reference Line nicht für sich genommen besser als eine andere Serie, sondern vor allem besser für ihren spezifischen Kunden. Die Reference Line bietet einen entspannteren Klang, die Noble Line dagegen klingt “näher”.'

Interessant. Demnach würde beispielsweise ein HiFi-Einsteiger, der die Cadenza Line schätzt, zwei Jahre später zur nächsthöheren Serie aufsteigen weil sich seine Hörgewohnheiten weiterentwickelt haben?
'Das ist teilweise richtig. Ich möchte in meinem Wohnzimmer nicht so kritisch hören wie bei der Arbeit. Deshalb habe ich dort ein völlig anderes System. Wenn ich mein Arbeits-Setup zu Hause hätte würde ich nervös werden, denn damit hören Sie jeden kleinsten Fehler des Mix- oder Mastering- Engineers. Daheim würde ich lieber die Reference Line benutzen – flüssig und weich in den Höhen und weniger “ins Gesicht springend”. Die Noble Line ist technisch gesehen natürlicher, aber weniger geeignet wenn Sie sich zu Hause entspannen und einfach nur genießen möchten.'

Als Kent Nagano, Generalmusikdirektor der Staatsoper Hamburg, im letzten Jahr auf einem Meeting die 101 hören konnte war er einerseits begeistert von dem entspannten Klang des Systems und andererseits überrascht von seinem Detailreichtum. Er gab an, jeden kleinsten Fehler seiner Musiker hören zu können.
'Je nachdem wie Sie hören sind unterschiedliche Bereiche in Ihrem Gehirn aktiv. Wenn Sie dirigieren oder abmischen möchten Sie genau mitbekommen, was die einzelnen Musiker spielen. Wenn Sie Musik hören sind sie in einem anderen Modus, in dem Sie nicht dirigieren oder abmischen müssen.'

Liegt hier der Kompromiss, wenn Sie für eine bestimmte Preislage entwickeln?
'Üblicherweise liegt ein Kompromiss in der Gehäusegröße, die sich realisieren lässt oder eben nicht. Durch die Elektronik können Sie etwas mehr oder weniger Finesse im Klang bekommen. Mit der entsprechenden Expertise ist ein guter Klang auch zu einem günstigeren Preis zu erreichen. Man könnte auch der Cadenza Line einen glänzenderen Klang verleihen, aber das würde nicht zur Zielgruppe passen. Ich weiß von Kundenbesuchen, dass jemand, der die Cadenza Line besitzt, in der Regel keine Lautsprecher mit der höchstmöglichen Auflösung verwendet. Daher müssen Sie solch einen Verstärker etwas “rauher” abstimmen, damit er Informationen liefert, die dieser Lautsprecher ansonsten verdecken würde. Das hat nichts damit zu tun, dass wir bei der Corona Line Kompromisse machen würden. Der Klang ist absolut nicht “billig”. Alle zehn Jahre justiere ich den Klang jeder Produktlinie im Hinblick auf die jeweilige Zielgruppe ein wenig nach. '

Wenn man einen omnidirektionalen Lautsprecher verwendet hört man einerseits die Akustik der Aufnahme und – zu einem noch größeren Teil – die des Abhörraumes. Man hat also eine doppelte Rauminformation. Wäre es da nicht besser, eine völlig trockene Aufnahme zu haben?
'Nein, hier gilt es zwei Aspekte zu beachten, und zwar die Frequenz- und die Zeitebene. In der Frequenzebene hat der direkte Schall, der Ihr Ohr unmittelbar vom Lautsprecher erreicht, die gleiche Tonalität wie die sogenannten Erstreflektionen. Gleiches gilt für den Hallanteil. Wenn diese drei Elemente ein homogenes Verhältnis haben entsteht eine naturgetreue Tonalität. Mit einem omnidirekten Lautsprecher oder einem Dipol ist das leicher zu erreichen. Der Raumklang setzt sich aus allen Reflektionen und dem Direktschall zusammen.'

Genauere Erklärung

Zu dieser Frage hat Jürgen Reis eine sehr ausführliche Antwort gegeben, die wir in ihren wichtigsten Punkten kurz zusammenfassen möchten. Grundsätzlich gilt, dass der zuerst eintreffende Schallanteil es unseren Ohren unmöglich macht, spätere Signale wie Reflektionen oder Hallanteile zu separieren (Haas-Effekt). Unser Gehirn addiert diese zum ersten Ereignis hinzu, so dass der Eindruck entsteht, alle Signalanteile kämen aus den Lautsprechern. Dadurch wird der Eigenklang des Abhörraumes als entscheidender Faktor weitgehend eliminiert. Da ein omnidirektionaler Lautsprecher den Raum völlig gleichmäßig anregt, spielt dieser keine Rolle mehr. Herkömmliche Lautsprecher regen den Raum selektiv an, was zu speziellen akustischen Problemen führt. Wie Jürgen ausführt sorgen diese Effekte dafür, dass ein omnidirektionaler Lautsprecher einen offeneren und räumlicheren Klang erzeugt, da der Aufnahmeraum mit dem Abhörraum nahtlos verschmilzt.

Wenn man darüber nachdenkt bedeutet dies, dass dessen Einfluß bei einem omnidirektionalen Lautsprecher gleichmäßiger und dadurch weniger entscheidend ausfällt. Der Klang dieser MBLs ist spürbar offener und räumlicher, was durchaus als zusätzlicher Faktor für eine realistischere Darstellung angesehen werden kann.

Die Class A/B-Verstärker der Subwoofer treiben die Chassis ohne Servo-Control an. Erhalten Sie dadurch eine detailreichere und tiefreichendere Basswiedergabe mit weniger Verzerrungen?
'Die exakte Integration der Subwoofer dauerte lange. Unsere ersten omnidirektionalen Lautsprecher vor langer Zeit besaßen keine Subwoofer, doch geänderte Hörgewohnheiten verlangten schließlich nach mehr Energie bei tiefen Frequenzen. Dann wurden verschiedenste Systeme für den Bassbereich entwickelt und es dauerte einige Jahre, bis diese Bassreflexkonstruktion sechster Ordnung fertig war. Es handelt sich um eine in hohem Maße akustisch geregelte Thiele-Konstruktion. Ein Q-Faktor von 0,38 gewährleistet hohe Dämpfung und gute Kontrolle. Daher ist das der beste Kompromiss. Zudem können Sie mit einem Bassreflex-System keinen Servo verwenden. Ich habe in meinem Entwicklungslabor durchaus auch mit einem Servo experimentiert, aber er hat sich nicht in das System integriert. Die Abstimmung und die Balance zum omnidirektionalen Basstreiber funktionierte nicht.

Sie können unter anderem mit Hilfe einer Justierung der Gruppenlaufzeiten eine gute Integration erreichen, aber das erfordert viele Hörtests und braucht Zeit. Schließlich werden Sie eine Position finden, wo Sie die Subwoofereinheit nicht mehr als eigenständiges Element wahrnehmen. Sie haben es erst geschafft, wenn der Eindruck entsteht, all die Energie des omnidirektionalen Basstreibers käme aus den Elementen für Bässe, Mitten und Höhen. '

Der ferne Osten ist wahrscheinlich Ihr wichtigster Markt? Ist das, speziell im Hinblick auf die Probleme in Hong Kong, immer noch sö
'Ja, aber die Situation in Hong Kong ist im Moment problematisch. In anderen Gegenden ist die Lage okay. Aber natürlich ist in diesem Jahr die ganze Welt anders als sonst.'

Aufstellung des Systems

Haben sie vernünftigerweise fünf starke Jungs und / oder Mädchen organisiert, so können Sie das System in etwas mehr als einem halben Tag installieren. Grundsätzlich baut man erst die beiden Subwoofer-Türme zusammen. Dabei geht es darum, die drei Einzelteile jedes Towers aufeinander zu stapeln. Dann die Grundelemente der Türme für Bässe, Mitten und Höhen. Die sehr schweren Oberteile müssen vertikal gedreht auf die Grundelemente gehoben werden. Ein “Drahtschirm” schließt die Türme optisch ab. Danach geht es an die Abstimmung. Im Idealfall befinden sich keine weiteren Objekte in einem Bereich von 1,6 Metern um die Türme herum und der Abstand zur Rückwand sollte ein etwas anderer sein als zu den Seitenwänden. Vorzugsweise sind auch keine Gegenstände zwischen den beiden Lautsprechern platziert, aber das gilt für jedes System. Audioracks gehören auf die Seite, auch wenn das nicht immer einfach zu realisieren ist.

Hören

Nach der Aufstellung wurde das System eine Weile angehört. Es klang sofort gut und sein Potential war klar erkennbar. Dennoch gibt es sicherlich einen Unterschied zwischen der Performance zu diesem Zeitpunkt und dem, was ein System dieser Preisklasse leisten sollte. Zeit für einige Tuningmaßnahmen, deren Ergebnissen sich bei einer zweiten Hörsession einige Tage später und einem dritten Termin, der für Ende Januar organisiert worden war, offenbarten. Der Autor geht stets unvoreingenommen an neues Equipment heran, allerdings sorgten die über die Jahre gewonnen Erfahrungen mit Rundstrahlsystemen in schwachen Momenten für eine leichte Befangenheit. Dies war auch auf viele Erlebnisse zurückzuführen die ich mit diesem MBL System auf Messen machen konnte, wobei mich der französische Vertreter von MBL aber mit Recht darauf hinwies, dass das Zeitfenster für die Einrichtung auf einer Messe im Durchschnitt nur etwa zwei Stunden betrage.

Die Erfahrungen mit größeren Systemen wie etwa einer Infinity IRS, Genesis 1 oder einer Tidal La Assoluta haben gezeigt, dass es bei dieser Lautsprecherkategorie sehr schwierig sein kann, den Bassbereich in das restliche Frequenzspektrum zu integrieren und einen homogenen Klang zu erreichen. Eine weitere Herausforderung liegt darin, diese Systeme wirklich wie eine riesige Menge Dollars klingen zu lassen. Der Unterzeichner hat sich Jahre mit diesem Problem herumgeschlagen und Harry (der Besitzer von Rhapsody) teilte ähnliche Bedenken und Zweifel. Dabei ging es nicht allein um die Qualität des Tieftonbereiches, sondern auch um das omnidirektionale Prinzip im Allgemeinen. All diese Vorbehalte gingen dem zweiten Hörtermin voraus. Noch bevor der erste Ton erklang begann die Session also mit einigen gemischten Gefühlen.

Natürlich wissen Sie sehr gut, dass man in solch einer Umgebung vortrefflich mit seinen Vorurteilen scheitern kann, und natürlich ist genau das passiert – wenn auch diesmal mit Maske. Abgesehen von den ganz eigenen Qualitäten dieses Systems darf man dabei einen wesentlichen Faktor nicht unterschätzen: Harrys Expertise. Der Top-Tuner der Niederlande erzählte, dass er noch am frühen Morgen vor unserem kritischen Hörtermin an dem System gearbeitet hatte, und selbst die MBL Delegation aus Paris musste zugeben, das System noch nie so gut gehört zu haben. Also kein diffuser Klang aus imaginären 30 Metern Entfernung mit unkontrolliert hämmerndem Bassgewummer. Dieser Tieftonbereich ist unerreicht und herausragend in das restliche Frequenzspektrum integriert. Definition, Detailreichtum und die schiere Qualität dieses Basses ist State-of-the-Art.

Der Charakter einer elektrischen Bassgitarre wird unmissverständlich aufgezeigt. Qualität und Integration des Bassbereiches sind wirklich frappierend und müssen daher explizit erwähnt werden, auch wenn dieses System in so gut wie jeder Beziehung als herausragend zu bezeichnen ist. Die unglaubliche Dynamik, der sich meisterlich über das gesamte Frequenzspektrum erstreckende Drive, die Tatsache, dass man wirklich alles und jedes kleinste Detail hören kann. Es war klar ersichtlich, dass das Schlagzeug bei einer bestimmten Jazzaufnahme in einem anderen Raum aufgenommen worden war. Bei einem anderen Hörbeispiel aus dem Village Vanguard wurde allerdings auch dessen sehr spezielle Akustik gnadenlos entblättert. Man erlebt Räume einfach unmittelbar.

Als Rezensent haben Sie das Problem, die Erfahrung dessen was ein System dieser Klasse zu leisten vermag, in Worte zu fassen. Es ist immer das gleiche mit dem limitierten Vokabular bezüglich Dynamik, Räumlichkeit, Detailreichtum, Klang und so weiter. Hier haben diese Begriffe eine völlig andere Bedeutung als bei der Rezension eines Mittelklasse-Systems. Wenn Sie noch niemals ein System auf diesem Niveau gehört haben können Sie sich kaum etwas davon vorstellen, es sei denn, sie wissen sehr genau, wie Musik wirklich klingt - denn das setzt dieses System äußerst überzeugend um. Musik wird mit begeisterndem Realismus dargestellt. Hören Sie sich einfach einmal eine ausgewachsene Hammond an. Eine mit vollständiger Tastatur, Tone Wheels, Röhrenverstärkern und zwei originalen Leslie-Cabinets. Eine echte Hammond kann es kaum besser als dieses System. Der Klang ist straff fokussiert und die Bühne ist in jeder Hörposition solide. Der komplette Live-Eindruck wird lediglich durch die psychologische Ablenkung, die das Art-De?co-artige Design dieser Lautsprecher – und im Prinzip auch das der anderen Geräte im Raum – hervorruft, etwas abgeschwächt. Unsere Vorstellung von Realität ist auch von visuellen Eindrücken abhängig. Wenn Sie einen Gitarristen oder eine Band vor sich sehen, so hat das einen enormen Einfluß. Aber sobald sie sich die Augen zuhalten und die visuelle Ebene ausblenden ist die Realitätserfahrung dieses Systems immens.

Das verrückte High-End-Paradigma

Auch bei dieser Beschreibung des Höreindrucks liegt der Schwerpunkt auf den klanglichen Eigenschaften des MBL Systems. Das ist eine Fokussierung der Denkweise, die sich sehr dominant in den HiFi-Journalismus eingeschlichen hat und die eigentlich diskutiert werden sollte. Schließlich ist es doch so, dass jeder der in der Lage ist ein gutes (gut abgestimmtes) System zusammenzustellen, in der Regel ein in allen klanglichen Aspekten zufriedenstellendes Ergebnis erreicht. Und dennoch erzeugen nur wenige dieser Systeme eine tiefere emotionale Verbindung zur Musik. Viele Anlagen klingen perfekt, aber wird der Zuhörer wirklich in jene emotionale Achterbahn hineingezogen, in der sich die wahre Essenz opulenter Klänge und musikalischer Strukturen offenbart? Es wäre besser für den Journalismus sich mehr auf das zu konzentrieren, was ein System auf der emotionalen Ebene zu leisten vermag. Das Entscheidende an diesem MBL System ist, dass es Sie emotional wirklich tief berührt.

Natürlicher Klang

Zudem fällt die enorme Natürlichkeit dieses Systems bezüglich Klang und Präsentation auf. Es tönt nirgends aufgeregt, beschönigend, anstrengend oder gehyped. Der Bass ist nicht übermächtig, knallt nicht und bildet keine dieser undefinierten “Klangwolken”, sondern ist äußerst ausgewogen und authentisch. Der Mittenbereich ist überragend, was besonders bei Stimmen auffällt. Er überzeugt durch Ruhe, harmonische Tiefe, Autorität, Verbindlichkeit und absolute Authentizität gegenüber der Aufnahme. Alles klingt sehr natürlich.

Ihr Rezensent hat viele omnidirektionale Systeme gehört, einige davon sehr gut, andere fragwürdig. Das größte Problem ist, dass viele dieser Systeme weit vom Klang echter Livemusik entfernt sind.

Wenn Sie sich in nur drei Metern Abstand zur Dutch Swing College Band befinden, so ist das eine besondere Erfahrung, bei der Sie die ganze Kraft und Dynamik der golden glänzenden Blechblasinstrumente direkt spüren. Ein wirklich gutes System sollte so etwas zumindest vergleichbar darstellen können. Sitzen Sie in einem Konzertsaal in den Reihen 7-15, so hören Sie, scharf fokussiert, jede zu früh oder zu spät gespielte Note, jedes Streichen über die Saiten, das Knacken der Sitze, ob die Saiten korrekt gestimmt sind, den Luftzug und die Ventile der Blasinstrumente sowie das Atmen der Musiker solange es nicht von einem Fortissimo übertönt wird. Sie hören auch die Geschwindigkeit, den Drive und den spezifischen Klang jedes einzelnen Instruments. Das Symphonieorchester erzeugt eine wunderschön fühlbare Bühne, auf der man jedes einzelne Instrument klar orten kann. Natürlich besuchen Sie kein Konzert, um auf Abbildung, Detailreichtum, Geschwindigkeit oder Stereobühne zu achten. Das wäre absurd, denn schließlich kommen Sie für die Musik. Es gibt ja diesen bekannten Witz über den Audiophilen, der den Wiener Musikverein besuchte und sich über den zu leisen Subwoofer beschwerte. Mit MBL Lautsprechern dagegen können Sie – natürlich abhängig von der Aufnahmequalität - alle oben beschriebenen Phänomene erleben. Ein Grund dafür sind die einzigartigen omnidirektionalen Treiber von MBL, bei denen jede einzelne Lamelle aktiv angetrieben wird und ihre Energie direkt an die umgebende Luft abgibt, so dass eine echte 360-Grad-Kopplung entsteht.

Viele andere omnidirektionale Systeme haben Treiber eingebaut, die zunächst gegen eine gekrümmte Reflektionsfläche strahlen, um den Schall rundum zu verteilen. Damit kombinieren Sie ein bereits reflektiertes Signal mit der Umgebungsluft. Technisch gesprochen zerstören Sie die Erstreflektionen, da der Treiber direkt gegen eine Reflektionsfläche mit weniger als 1,6 Metern Abstand strahlt. Es ist wichtig, dass sich genügend freie Fläche um einen omnidirektionalen Lautsprecher herum befindet. Ist das nicht gegeben und wird der Schall von einer Zwischenfläche reflektiert, so kann das dazu führen, dass es verschiedenen omnidirektionalen Systemen an scharfer Fokussierung, Platzierung, Detailreichtum und Geschwindigkeit mangelt und ein zu diffuses Klangbild entsteht. Die beste Umsetzung des omnidirektionalen Prinzips liegt meiner Meinung nach in rundum abstrahlenden Lautsprechern, die direkt an die Luft angekoppelt sind. Dann können Sie 1,5 Meter plus 10 Zentimeter um jeden Lautsprecher frei halten. Ein weiterer Grund für die Qualität dieses Systems liegt darin, dass die spezielle Anordnung der omnidirektionalen Treiber zu einer völlig phasenrichtigen Abstrahlung führt. Man kann mit einiger Begeisterung resümieren, dass das omnidirektionale Prinzip hier nicht zwischen dem System und dem Live-Erlebnis der Musik steht, sondern vielmehr dazu beiträgt. Dies ist eines der allerbesten Systeme der Welt und der Verfasser hat den MBL 101 X-Treme Omnidirectional-Lautsprecher noch nie so perfekt gehört.

MERK





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